Der Bibelcode darf nicht mit dem tatsächlich im Alten Testament der Bibel verwendeten Atbasch-Chiffre verwechselt werden. Beide Dinge haben nichts miteinander gemein.
Z. Zt. in Überarbeitung
Mittels des beschriebenen Verfahrens hat der Journalist Michael Drosnin die 304.805 Zeichen einer alten hebräischen Ausgabe der fünf Bücher Moses durchsucht und in mehreren Büchern [2-5] seine visionären Prophezeihungen in Vergangenheit und Zukunft veröffentlicht. Einige geschehene Sachverhalte der Weltgeschichte meint er gefunden zu haben, bei Anderen wagte er die Vorhersage in die Zukunft. Dennoch kommen schnell Zweifel an der Richtigkeit des Bibelcodes auf, weil bei allen Fundstellen eine Interpretation notwendig ist. Gerade hebräische Zeichenfolgen lassen oft vielfältige Möglichkeiten zu, da nach den Lehren der Kabbala jeder Buchstabe drei Bedeutungen haben kann: eine symbolische Bedeutung (also die Formung von Worten in Verbindung mit anderen Buchstaben), einen Zahlenwert und eine Form/Hieroglyphe. Darüberhinaus nimmt Drosnin bei seinen Deutungen keine neutrale Position ein, wie sich an Hand von fünf Beispielen zeigen läßt:
Oswald,
Rubyund
er wird den Mörder töten
erund wer mit
Mördergemeint ist, geht aus der Fundstelle nicht hervor.
Jitzhak Rabin,
Mörder, der morden wird,
sein gesamtes Volk im Krieg
Jitzhak Rabinund
Mörder, der morden wirdkreuzen.[3 S. 56] Für Drosnin ist die Aussage klar: Es handelt sich um die Vorhersage des Mordes an Rabin und daß sich Israël (also das Volk Rabins) im Kriegszustand befindet. Eine Interpretation wie sie die Realität durchaus wiederspiegelt. Aber auch hier gibt es nur die drei gefundenen Begriffe, ohne Hinweis auf ihre Beziehungen zueinander. Die Frage lautet also, wessen gesamtes Volk ist im Krieg? Außerdem erscheint seine Folgerung aus den beiden sich kreuzenden Begriffen
Jitzhak Rabinund
Mörder, der morden wirdsehr weit hergeholt. Sprachlich naheliegender wäre wohl eher, daß der Name des Mörders Jitzhak Rabin lautet. Ein Übersetzungsfehler vom englischen Originalbuch kann ausgeschlossen werden:
Yitzhak Rabin&
assassin will assassinate&
all his people to war[2 S. 36]
atomarer Holocaust,
Libyen,
im Jahr 5756(=1996)
atomarer Holocaustund
Libyenkreuzen.[3 S. 67] Für Drosnin auch wieder ein klarer Fall: Libyen plant im Jahre 5756 (1996) einen atomaren Angriff auf Israël. Zu dieser Folgerung kommt er wohl deshalb, weil er an anderer Stelle den Begriff
Holocaust in Israëlgefunden hat. Wieder eine Interpretation wie sie in Drosnins Weltbild passt. Abgesehen davon, daß der atomare Holocaust 1996 nirgends stattgefunden hat, sah die Realität ganz anders aus. Israël hat(te) die Atomwaffen, nicht Libyen und die drei Begriffe allein lassen seinen Schluß logisch einfach nicht zu.
sfkalif,
lakalif
sfcalif
= S. F. Calif. = San Francisco, Kalifornienlacalif
= L. A. Calif. = Los Angeles, Kalifornien. Drosnin schreibt nicht warum er eine bestimmte von mehreren Deutungen als richtig erachtet, ob es sich dabei um Voreingenommenheit oder um eine stark verkürzte Darstellung seiner Ergebnisse handelt wird nicht klar. Alle Deutungen gehen aber immer in die Richtung, daß sich Israël und USA auf der Seite der Angegriffenen, der Verteidiger befinden, die arabische Seite in der Rolle der Angreifer.
Immer wieder erwähnt er auch Wahrscheinlichkeiten für das Zusammentreffen bestimmter Wörter, in Größenordnungen von 1:10.000, 1:100.000 oder auch 8:9.800 und versucht so dem Leser zu vermitteln, daß es sich um quasi Unmöglichkeiten handelt, somit also der Code von einem Codierer (Schöpfer) vor Jahrhunderten in die Bibel hineingeschrieben wurde. Ob die von ihm genannten Wahrscheinlichkeiten dies tatsächlich nahelegen, darf getrost bezweifelt werden. An einer Stelle zitiert er angeblich den Mathematiker Rips mit folgenden Worten:
Erstaunt berechnete Dr. Rips die Auftrittswahrscheinlichkeit für diese Konstellation. Die Wahrscheinlichkeit, die Namen der vier führenden israëlischen, palästinensischen und amerikanischen Politiker gemeinsam anzutreffen, und zwar zusammen mit den biblischen Hinweisen auf das »Ende der Tage«, lag unter eins zu 500.000. Rips erklärte, daß sie sogar bei weniger als eins zu einer Million liegen könne, eine genaue Berechnung sei bei einer so komplexen Serie von Übereinstimmungen jedoch unmöglich.
»Ein Zufall ist jedenfalls absolut auszuschließen«, meinte er. »Die Anordnung wurde offensichtlich bewusst vorgenommen. Aus Sicht der Mathematik steht das einwandfrei fest. Das ist eine perfekte Tabelle, die sich eindeutig auf genau diesen Augenblick in der Menschheitsgeschichte bezieht.«[4 S. 32]
Sollte ein Mathematiker dies tatsächlich so gesagt haben? In einem Atemzug von einer Wahrscheinlichkeit von 1:500.000 zu unter 1:1.000.000 und dann zu ein Zufall ist absolut ausgeschlossen
, also 1:0. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit für einen 6er im Lotto liegt bei rund 1:14 Millionen und mit Superzahl bei 1:140 Millionen. Muß man jetzt folgern, daß es sich bei einem Lottogewinn um eine göttliche Zuteilung handelt? Wohl kaum!
Im Laufe seiner Bücher unternimmt Drosnin auch an mehreren Stellen den Versuch seine Funde als Prophezeihungen für die Zukunft in Verbindung mit konkreten Jahreszahlen zu interpretieren:
Die bestürzende Botschaft einer modernen Gefahr in einem aus dem Altertum überlieferten Text lautete atomarer Holocaust
.
Diese Eintragung erschien nur ein einziges Mal. Drei der kommenden fünf Jahre waren an derselben Stelle verschlüsselt — 1996, 1997 und 2000. Doch wiederum zog das aktuelle Jahr 5756 unsere Aufmerksamkeit auf sich. »Im Jahr 5756« fand sich direkt unterhalb von »atomarer Holocaust«.[3 S. 58]
Der Code scheint überdies zu bestätigen, daß in den kommenden 100 Jahren eine Reihe »großer Erdbeben« rund um den Erdball zu erwarten ist. Drei Jahre sind eindeutig mit »dem großen Schrecken« codiert: 2000, 2014 und 2113. Das am weitesten liegende Jahr paßt am besten. Es ist nicht klar, ob der Code eine Serie von Katastrophen vorhersagt oder eine Serie von Verzögerungen.[3 S. 146]
›Pocken‹ ist gemeinsam mit der Jahreszahl ›2005‹ codiert, [...] »Die aber gestorben waren an der Plage waren vierzehntausendsiebenhundert.«[4 S. 188]
»Atomarer Holocaust« fand sich mit »in 5766«, dem Jahr 2006 nach dem modernen Kalender. »Weltkrieg« war ebenfalls gemeinsam mit »in 5766« codiert — wieder dieser Hinweis auf das Jahr 2006.[4 S. 263]
Die 14.000 Pockentoten scheint bisher niemand zu vermissen und für die Überlebenden der diversen atomaren Holocäuste hat Drosnin auch gleich des Rätsels Lösung zur Hand:
Der Bibelcode prophezeit nicht, daß wir alle im Jahr 2006 sterben werden. Aber er spricht die Warnung aus, daß wir möglicherweise im Jahr 2006 sterben könnten, falls wir unsere Zukunft nicht abändern.[4 S. 265]
Nun, Prophezeihungen waren schon immer besonders schwierig, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Auch keimt der Verdacht auf, daß man in 2006 hätte sterben können, gerade weil man die Zukunft abgeändert hat. Zumindest Sie, lieber Leser, können aufatmen, denn Sie sind nicht nur 2006 nicht gestorben!
Dennoch, unbeeindruckt der Tatsache, daß das Jahr 2006 ohne atomaren Holocaust in der Vergangenheit entschwunden ist und der mehrmals nachgewiesenen Unsinnigkeit seiner Behauptungen, erscheint 2007 das dritte Buch von Michael Drosnin zum Thema Bibelcode [5]. Vielleicht enthüllt er uns darin mehr über den unter Salz und Kalk verborgenen prophezeiten Obelisken am Toten Meer, der den vollständigen Schlüssel zum Code in einer stählernden Arche enthält.[4] Zumindest scheint Herr Drosnin einen unerschütterlichen Optimismus zu besitzen, denn wie sonst ließe es sich erklären, daß jemand in 2006, dem Jahr des erwarteten Untergangs, noch ein Buch für 2007 mit weiteren Prophezeihungen anfängt. Das Verbreiten mystischer Spekulationen scheint eben immer wieder ein dauerhaftes und einträgliches Auskommen zu garantieren, man denke an schillernde Namen wie Erich von Däniken, Jan Udo Holey (alias Jan van Helsing) oder Charles Berlitz.
Wie dem auch sei, die Bücher — insbesondere Teil 2 — sind nicht uninteressant zu lesen, allerdings unter einem völlig anderen Gesichtspunkt als vom Autor gedacht. Unterstellt man den Texten insofern Wahrheitsgehalt, als das sie den Ablauf seiner Recherchen korrekt wiederspiegeln, ergibt sich ein bemerkenswerter Einblick in die Nahostpolitik und ihrer Teilnehmer. Michael Drosnin knüpft auch über seine angeblichen Funde mittels des Bibelcodes Kontakte bis in höchste Ebenen (Regierunsgmitglieder, Geheimdienstler, Arafat etc.) auf allen drei beteiligten Seiten (Israël, USA, PLO). Mit seinen Ergebnissen stößt er nach eigener Aussage durchaus auf Interesse. Was kann besser die Irrationalität der Beteiligten und ihrer Handlungsweisen — immerhin wird hier über Menschenleben entschieden — in der Nahostpolitik offenbaren als das Interessse an numerologischen Prophezeihungen? Allerdings darf nicht vergessen werden, daß es in allen Teilen der Welt, auch in Europa, Politiker gibt, die sich von Astrologen, Theologen, Wahrsagern und anderen Scharlatanen beraten lassen. Die Gefahr liegt nicht allein im Glauben an eine höhere Instanz, sondern insbeondere in der Flucht vor der eigenen Verantwortung. Gerät eine Maßnahme nicht wie gewünscht, wird auf den Willen einer höheren Macht verwiesen. Politikern, wie jedem anderen Menschen auch, muß von vornherein klar sein, daß sie persönlich im Hier und Jetzt die Folgen ihren Handels zu verantworten haben und daß die Berufung auf eine höhere Instanz keine mildernden Umstände zu Folge hat.
Letztendlich ist der Bibelcode also nur eine weitere numerologische Spielart, nett anzuschauen aber sinnlos, nicht aber ungefährlich, wenn sie von religiösen Fanatikern zur Wahrheit erhoben werden. Zahlen können sich halt nicht wehren.
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